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SOZIALES

ben, übers ganze Gemeindegebiet die Zugänglichkeit der Wohnungen zu doku- mentieren? Weiter braucht es eine Zu- sammenstellung, wem die Häuser gehö- ren, um mögliche Ansprechpartner zu eruieren: Genossenschaften, Banken, Anlagestiftungen, Fonds. Wer 150 Woh- nungen in einem Ortsteil besitzt und in einen Sanierungszyklus kommt, wird sicher gerne mit der Gemeinde an einen Tisch sitzen. Braucht es auchVorgaben? Ich bin fürs Verhandeln, nicht fürs Ver- ordnen. Öffentliche und private Akteure sind eingeladen, sich in der Alterswohn- politik auf neue Formen der Kooperation einzulassen. Auch das ist ein Netzwerk. Nehmen wir an, ein Investor möchte Par- zellen zusammenlegen, die er erworben hat, und darauf eine grössere Überbau- ung mit intensiverer Ausnützung reali- sieren. Die Gemeinde lässt bezüglich Ausnützungsziffer mit sich verhandeln und bewirkt, dass im Gegenzug al- tersfreundliche Strukturen in die Über- bauung integriert werden. Im städtischen Umland gibt es viele Einfamilienhausquartiere, in denen kein Generationenwechsel stattfindet. Was tun? Einfamilienhäuser lassen sich oft mit kleinen, intelligenten Veränderungen in

ein Haus mit Einlegerwohnung weiter- bauen, sodass eine junge Familie einzie- hen kann. Wo das nicht möglich oder nicht erwünscht ist, braucht es Anreize, damit sich Einfamilienhausquartiere er- neuern können. Ältere Paare, die erwä- gen, ihr zu gross gewordenes Haus auf- zugeben, brauchen in erster Linie attrak- tive Wohnalternativen innerhalb der Gemeinde. Zum Beispiel eben Überbau- ungen mit niederschwelligen Hilfeleis- tungen. Können Gemeinden, die auf netzwerk- orientierte Alterswohnpolitik setzen, Pflegekosten sparen? Wenn ältere Menschen dank gutemUm- feld länger zuhause wohnen können, spart das sicher Kosten. Noch fehlen aussagekräftige Studien. Bei starker Pflegebedürftigkeit dürfte das ambu- lante Setting teurer werden. Vergessen wir aber nicht: Die Pflegekosten werden ohnehin steigen, weil sich die Zahl der über 80-Jährigen bis 2035 mehr als ver- doppelt. Ich habe immerVerständnis für Kostenargumente. Aber hier geht es nicht nur um Franken und Rappen, son- dern um eine Leistung für die älteren Menschen und deren Lebensqualität.

Joris Van Wezemael

aber beispielsweise dafür sorgen, dass den Freiwilligen die Spesen gedeckt werden. Nur wenige Gemeinden besitzen Baulandreserven, meist sind private Wohnbauträger amWerk. Wie kann die Gemeinde Ihr Modell fördern? Als Erstes gilt es, einen Überblick über den Wohnungsbestand zu gewinnen. Warum nicht der Spitex den Auftrag ge- ist Wirtschaftsgeograf und Architek- tursoziologe. Er arbeitet als Privatdo- zent am Departement Architektur der ETH Zürich und als Dozent am «Cen- ter for Urban and Real Estate Ma- nagement» der Universität Zürich. Van Wezemael ist Mitherausgeber des 2014 erschienen Age Reports über die Wohnsituation älterer Men- schen in der Schweiz. Er kennt nicht nur dieTheorie, sondern auch die Pra- xis: Als Portfoliomanager bei der Pen- simo Management AG in Zürich be- gleitet er Wohnbauprojekte.

Interview: SusanneWenger

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