May 2014

RAUMENTWICKLUNG

Methoden für eine nachhaltige Raumentwicklung Ein wichtiger erster Schritt zur Siedlungsentwicklung nach innen ist es, eine Übersicht vorhandener Nutzungsreserven zu schaffen. Eine Möglichkeit dazu ist die von der Professur für Raumentwicklung der ETH Zürich entwickelte Methode Raum+.

«Innenentwicklung vor Aussenentwick- lung» ist die Mindeststrategie für den in der Bundesverfassung verankerten haushälterischen Umgang mit dem Bo- den. Diese Stossrichtung wurde durch die Annahme des teilrevidierten Raum- planungsgesetzes im März 2013 erneut deutlich bekräftigt. Auch die Annahme der Zweitwohnungsinitiative und der Kulturlandinitiative im Kanton Zürich weisen in dieselbe Richtung. Der Auftrag lautet, Siedlungsausdeh- nung zu begrenzen und zukünftige Sied- lungsentwicklung in das weitgehend überbaute Gebiet zu lenken. Die Umset- zung dieser Strategie ist nur möglich, wenn alternative Möglichkeiten zur Siedlungsentwicklung «auf der grünen Wiese» aufgezeigt werden können. Dazu müssen Grössenordnung, Lage, Qualitäten und Verfügbarkeiten der für die Innenentwicklung infrage kommen- den Flächen bekannt sein. Darüber hi- naus wird es, stärker als bisher, darauf ankommen, dass Gemeinden Vorstel- lungen für das Mobilisieren möglicher Nutzungsreserven entwickeln und ge- meinsam mit Grundstückeigentümern und anderen Akteuren deren Umset- zung an die Hand nehmen. Für eine auf

Wirkung bedachte Raumplanung und Raumentwicklung sind zweckmässige Methoden, verstanden als geregelte Vorgehensweisen, unerlässlich. Metho- den sollen folgerichtiges Handeln und Entscheiden in der Raumplanung unter- stützen. Ein erster wichtiger methodischer Schritt zur Innenentwicklung ist das Schaffen undWahren der Übersicht vor- handener Nutzungsreserven und damit verbundener Fragestellungen. Eine Mö- glichkeit dazu bietet die von der Profes- sur für Raumentwicklung entwickelte Methode Raum+. Durch gemeindeweise erhobene Reserveflächen wird es mög- lich, ihre Verteilungsmuster im grösse- ren gemeindeübergreifenden Zusam- menhang zu erkennen und Schwer- punkte für die Mobilisierung zu setzen. Die Umsetzung daraus entwickelter Konzepte und Programme ist meist nur in geeigneten Prozessen, sogenannten informellen und kooperativenVerfahren, möglich. Sie schaffen wichtige Grund- lagen und ergänzen die formellen Ver- fahren, wie zum Beispiel Zonenplanre- Verteilungsmuster der Nutzungsreserven erkennen

visionen auf Gemeindeebene. Das Re- pertoire der informellen, kooperativen Verfahren ist reichhaltig. Masszuschnei- dernde Testentwürfe, Testplanungsver- fahren und Ideenkonkurrenzen sind da- für geeignete und bewährte Methoden. Eine zusätzliche Herausforderung wird darin bestehen, die vor allem in grösse- ren Gemeinden und Städten erprobten Verfahren den Möglichkeiten kleinerer und mittlerer Gemeinden anzupassen. Bedeutung der kleineren und mittleren Gemeinden für die Innenentwicklung Aus unseren Forschungen ist bekannt, dass sich beispielsweise knapp 70 Pro- zent der Siedlungsflächenreserven in den mit Raum+ erhobenen Gemeinden in den kleineren und mittleren Gemein- den befinden. Auch 65 bis 80 Prozent der Geschossflächenreserven des Mit- tellandes befinden sich in den kleinen und mittleren Gemeinden. Etwa 60 Pro- zent der Gemeinden haben weniger als 2000 Einwohner. Viele dieser Gemein- den verfügen nicht über die Mittel und das Personal, um anspruchsvolleAufga- ben der Innenentwicklung zielgerichtet anzugehen und bis zur Umsetzung zu begleiten. Sie stehen vor der grossen Herausforderung, wie der Denkmuster- wechsel von der Einzonung neuer Sied- lungsflächen hin zur Innenentwicklung mit Aktivierung der inneren Nutzungs- reserven, massvoller Verdichtung des Siedlungsbestandes und der Abstim- mung mit weiteren Aufgaben der Ge- meindeentwicklung gemeistert werden kann. Es liegt im gesamtschweizerischen In- teresse, die kleineren und mittleren Gemeinden bei dieser Aufgabe zu unter- stützen. Die Professur für Raument- wicklung der ETH Zürich ist bereit, mit interessierten Gemeinden in einem mit- telfristig angelegten Erfahrungsaus- tausch drängende Fragen zu erörtern, taugliche Methoden zu testen und viel- versprechende Beispiele zur Diskussion zu stellen.

Bernd Scholl, Professor für Raument- wicklung ETH Zürich

Die Ermittlung erfolgt in drei Phasen.

Bild: Professur für Raumentwicklung, ETH ZH

Oben die Luftbildauswertung anhand der Erhebung.

18

Schweizer Gemeinde 5/14

Made with