9_2017
MILIZPOLITIK: DIE AARGAUER GEBEN GAS
Unternehmen aufs Milizsystem be- leuchten sollte. 2016 untersuchte das Schweizerische Institut für öffentliches Management die Vereinbarkeit von öf- fentlichen Ämtern und Beruf im Kanton Aargau. «Die positive Aussage ist: Ge- werbe und Handel unterstützen das Milizsystem nach wie vor», freut sich Renate Gautschy. Die Studienautoren erachten es als sinnvoll, die zeitliche Belastung von Gemeinderäten zu redu- zieren, indem Gemeinden die strategi- sche deutlicher von der operativen Ebene entflechten und Gemeinderäte besser entschädigen. Dadurch könnten diese ihr Arbeitspensum im Unterneh- men reduzieren. Um für Unternehmen, deren Mitarbeiter sich in einem Ge- meinderat exponieren, Reputations- schäden zu vermeiden, sollen neu ge- wählten Gemeinderäten Einführungs- schulungen angeboten werden. ModulartigeWeiterbildung Solche Eintrittsseminare hat das Institut für Public Management ipm in Brugg neu imAngebot. An zwei Halbtagen wer- den Finanzen, Kommunikation, strategi- sche und operative Aufgaben oder die Zusammenarbeit im Gemeinderat be- handelt. Diese Seminare hat die Ge- meindeammänner-Vereinigung initiiert. Das Weiterbildungsangebot des ipm wurde zudem so ausgebaut, dass Ge- meinderäte sich je nach Ressort und Geschäft passende Module zusammen- suchen können. Nach anerkanntenWei- terbildungen hingegen bestehe kein Bedarf, hat Renate Gautschy in einer Testphase festgestellt. Solche empfiehlt das ZDA, damit Milizämter stärker als Gelegenheit zur beruflichen Qualifika- tion und persönlichen Entwicklung wahrgenommen werden. So könnten Milizämter für jüngere Personen und Frauen attraktiver gemacht werden. Gautschy hingegen macht die Erfah- rung: «Die Gemeinderäte wollen in ihrer knappen Freizeit keine zusätzlichen Dip- lome erlangen, sondern sie brauchen gezielte Module zu brennenden Fragen.» Sensibilisierung und Information Die Gemeindeammänner-Vereinigung hat in den letzten Jahren viel Informations- und Sensibilisierungsarbeit geleistet. Nebst den Entschädigungsempfehlungen sind zuhanden der Gemeinden Leitfäden zu den verschiedenen Führungsmodellen und zu Anforderungen an Gemeinderäte erarbeitet worden. Im Juni 2017 ist zudem ein Handbuch zur Gemeindeführung, das «Einmaleins der Kommunalpolitik», er- schienen. Es vermittelt neu gewählten Gemeinderäten oder interessierten Kan- didatinnen Grundlagenwissen.
Durchschnittlicher Stundenlohn gewöhnlicher Exekutivmitglieder in den Kantonen AG, LU, SG und ZH – nach Gemeindegrösse, 2009
Einwohner
36
bis 500
72
501–1000
1
104
1001–2000
AG
105
2001–5000
1
37
5001–10000
5 16
10001–20000
3
2
bis 500
5
501–1000
7
37
1001–2000
19
26
LU
2001–5000
20
9
5001–10000
6
10001–20000
1
20001–50000
6
5
bis 500
1
9
501–1000
1
34
1001–2000
4
SG
54
2001–5000
9
44
5001–10000
7
18
10001–20000
6
28
bis 500
53
501–1000
1
36
1001–2000
202
ZH
2001–5000
44
5001–10000
7
89
10001–20000
3
5
20001–50000
3
0
20
40
60
80
100
durchschnittlicher Stundenlohn
nebenamtlich
von der Gemeinde angestellt
ImVergleich mit den Kantonen Luzern, Zürich und St.Gallen sind im Aargau die Entschädi- gungen für nebenamtliche Gemeinderäte tief. Grafik: Céline Hoppler/ Quelle: Zentrum für Demokratie Aarau
aber ziehen: «Wir haben mehr Kandida- ten, es gibt wieder mehr Kampfwahlen.» Allerdings sei der Anteil der kandidieren- den Frauen rückläufig. Für sie ist klar: «Wir haben in den letzten vier Jahren grosse Schritte gemacht, um das Miliz- system zu stärken. Aber es bleibt noch viel zu tun.» Barbara Spycher
Mehr Kampfwahlen, weniger Frauen Ein erster Lackmustest dafür, ob die viel- fältigen AnstrengungenWirkung zeigen, sind die bevorstehendenWahlen. Am 24. September wird in den Aargauer Kom- munen gewählt. Bei Redaktionsschluss lagen die Umfrageresultate zur Anzahl Kandidaturen noch nicht vor. Ein erstes, positives Fazit konnte Renate Gautschy
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SCHWEIZER GEMEINDE 9 l 2017
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