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SCHÜTZENSWERTE GÄRTEN

Wo die Kinder planschen: Pergola von 1976 undWasserbassin.

Bild: Lukas Kistler

eine Fachstelle für Gartendenkmal- pflege. Einen Steilpass, um ein Gartenin- ventar anzulegen, haben indes alle Schweizer Gemeinden bereits zugespielt bekommen. Die Schweizer Landes- gruppe des internationalen Rats für Denkmäler und historische Stätten ICO- MOS hat bis 2014 landesweit ein Ver- zeichnis der potenziell schutzwürdigen Gärten und Anlagen erstellt und den Kantonen und Gemeinden übergeben. Diese reagierten häufig zurückhaltend, meint Judith Rohrer, die an der Liste mit- gewirkt hat: «Ein Regierungsrat meinte gar: ‹Es fällt uns nicht imTraum ein, uns einen solchen Mühlstein um den Hals zu hängen!›». Eine Auslegeordnung wie die ICO- MOS-Liste kann Gemeinden indes erst einmal bewusst machen, welche mut- masslich historisch bedeutenden Anla- gen auf ihrem Gebiet vorhanden sind. Mit der Pflege historischer Gärten kön- nen sich Gemeinden Anerkennung ver- schaffen. Ist ein solches Inventar rechtlich verbindlich, erhält die Gartendenkmal- pflege bei vorgesehenen Eingriffen und der Abwägung der unterschiedlichen Interessen eine Stimme. Dies erhöht die Chancen, dass Bagger nicht unbedacht historische Zeugen plattwalzen. Häufig befürchten Gemeinden wohl, dass ein Inventar Umbauten verkompli- ziere und verteuere. Fallweise kann ein Eintrag im Inventar die Gestaltungsfrei- heit von Gemeinden und Privaten tat- sächlich einschränken. «Bei privaten Gärten streben wir allerdings einen möglichst intelligenten Kompromiss an», betont Judith Rohrer. «Wir wollen Am Ende macht das Inventar die Besitzer sogar stolz

keine Käseglocke über den Garten stül- pen, sondern Besitzerinnen und Besitzer für ihre historisch wertvollen Gärten sen- sibilisieren. Das bedeutet nicht, dass man nichts verändern darf.» Ob ein Gar- ten beziehungsweise Teile davon ge- schützt werden, entscheidet der Zürcher Stadtrat aufgrund einer Interessenabwä- gung. Danach hält ein Vertrag den Um- fang des Schutzes fest und wird im Grundbuch vermerkt. «Häufig sagen die Eigentümer/innen von Gärten nach Ab- schluss eines baulichen Eingriffs, dass sie es ohne uns genau so gemacht hät- ten», sagt Judith Rohrer. Und manchmal kommt es anders, als man denkt: Als 2013 das Zürcher Inven- tar um Gärten und Parks ergänzt wurde, die zwischen 1960 und 1980 entstanden waren, lud die Stadt Eigentümerinnen und Eigentümer zur Informationsveran- staltung. Am Schluss desTreffens meinte ein bekannter Bauanwalt, dessen Garten neu inventarisiert worden war: «Ich bin jetzt richtig stolz darauf, einen Garten zu haben, der als historischer Zeuge gilt.»

Das Runde im Eckigen: Sand für die Klein- kinder, Holz für die Grossen. Bild: Lukas Kistler

Treffpunkt für Aussersihl: Quartierzentrum mit Restaurant, 2004 nach dem Entwurf des Architekturbüros EM2N gebaut. Bild: Lukas Kistler

Lukas Kistler

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SCHWEIZER GEMEINDE 5 l 2018

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