3_2021

ENERGIE UND UMWELT

Haustechnik. Sie stammt von der Firma Belimo (Hinwil) und wird gewöhnlich für die Wasserverteilung in Gebäuden verbaut. Zur Stromproduktion dient ein Perma- nent-Magnet-Generator, der hohe Wir- kungsgrade bei Kleinstanlagen ermög- licht, da keine Verluste für den Aufbau eines Magnetfeldes mit Spulen auftre- ten. Um den Wirkungsgrad der Turbine bei kleinen Abflüssen im Mülibach zu verbessern, wird die Maschine mit va- riabler Drehzahl zwischen 250 und 1100 Umdrehungen betrieben: Fällt der Nenndurchfluss unter 80 Liter pro Se- kunde, wird nicht nur der Leitapparat mehr und mehr geschlossen, sondern auch die Drehzahl reduziert. Mit dieser Betriebsart ist ein Frequenzumrichter erforderlich, der die 50 Hertz für die Netzeinspeisung erzeugt. Der Frequenz- umrichter ist ein Standardprodukt von Mitsubishi. Dank diesen und weiteren Massnah- men stehen von der hydraulischen Bruttoleistung von 4,0 kW rund 2,5 kW für die Netzeinspeisung zur Verfügung, wie die bisherigen Betriebsdaten zei- gen. Der Wirkungsgrad der PaT-Fran- cis-Turbine liegt bei maximal 75%, und der elektrische Wirkungsgrad (Genera- tor, Frequenzumrichter mit Einspei- seeinheit) bei 84%; Letzterer ist wegen der zur Qualitätssicherung der Einspei- sung erforderlichen Netzdrosseln und -filter relativ bescheiden. «Mit einem Gesamtwirkungsgrad von 63% im Aus- legepunkt liegt die Kleinstanlage rund 20 Prozentpunkte unter einer ausge- wachsenen Wasserkraftanlage», sagt Eichenberger. «Bei grösseren PaT-Fran- cis-Maschinen ab 10 kW Leistung ist ein Wirkungsgrad von bis zu 70% erreich- bar.» Unterwegs zur Rentabilität Von der PaT-Francis-Idee bis zur Inbe- triebnahme der Pilotanlage in Andel-

fingen vergingen gut zehn Jahre. Die Firma revita power GmbH (Laupersdorf [SO]) hat die Anlage einschliesslich Steuerung gefertigt und montiert. Seit der Inbetriebnahme Ende 2018 läuft das Kleinwasserkraftwerk zuverlässig. Als einzige «Kinderkrankheit» musste im ersten Betriebsjahr das Laufrad der Pumpe wegen unerwünschter Luftbla- senbildung durch eines mit leicht geän- derter Geometrie ersetzt werden. 2019 blieb der Stromertrag unter den Erwar- tungen. Der Mülibach führte nur sehr wenig Wasser, da der Grundwasser- stand – die Hauptquelle des Baches – nach dem extrem trockenen Vorjahr sich noch nicht erholt hatte. 2020 konnte die angestrebte Jahresproduktion von 12000 kWh erreicht werden. Das ent- spricht dem Jahresbedarf von drei Haushalten und ist vergleichbar mit dem Ertrag einer mittelgrossen PV-An- lage. Bei Investitionskosten von 80000 Fr. (ohne Wehranlage – diese wurde durch Beiträge von Gemeinde, Anstössern und Denkmalpflege wieder aufgebaut) und einer Nutzungsdauer von 40 Jahren rechnen die Betreiber unter Berücksich- tigung von Betrieb und Unterhalt mit Gestehungskosten von 25 Rp. pro Kilo- wattstunde (Kalkulationszinssatz 1%; Äufnung eines Erneuerungs- und Er- satzteilfonds mit 600 Fr. pro Jahr). «Die Anlage kann dank der 20-jährigen KEV-Förderung und dem anschliessen- den Verkauf des Stroms zu Marktprei- sen wirtschaftlich Strom im kleinen Massstab produzieren», fasst Peter Ei- chenberger das Hauptergebnis des Pro- jekts zusammen. «Technisch gesehen ist unser Konzept ausgereift und parat für den Einsatz an anderen Standor- ten.» Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Fall von Andelfingen bereits eine Konzession zur Wasserkraftnut- zung vorhanden war. Diese Vorausset- zung ist an anderen Standorten mitun- ter nicht gegeben und kann die Realisierung einer Kleinwasserkraftan- lage erschweren. Zwei neue Projekte Die Promotoren des PaT-Francis-Kon- zepts sehen dieses als geeignet für kleine Kraftwerke mit einer Leistung von 10 bis 50 kW, und zwar immer dann, wenn die Fallhöhe des Wassers nicht mehr als 30 m bis 50 m beträgt (Nie- der- bis Mitteldruck). Bei dieser Anla- gengrösse sinken die Gestehungs- kosten erfahrungsgemäss auf bis zu 15 Rp./kWh. Peter Eichenberger plant gegenwärtig zwei Anlagen dieser Grö- sse – die eine im Toggenburg als Ergän- zung zu einer bestehenden grösseren

Turbine, dieanderebei einer Kraftwerks- anlage an der Birs im Rahmen der Sa- nierung der Fischgängigkeit. An der Birs muss mit technischen Massnah- men eine Lockströmung für die aufstei- genden Fische erzeugt werden. Anstatt das Wasser einfach über ein Ventil in ein Energiedissipationsbecken abzulas- sen, entzieht man der Lockströmung die Energie mittels einer PaT-Francis-Tur- bine und spart damit nicht nur Raum und Kosten für das grosse Betonbe- cken, sondern erhält zusätzlich wert- volle elektrische Energie. Pilotprojekte des BFE Planung und Bau der PaT-Francis-Tur- bine wurden vom Pilot- und Demonst- rationsprogramm des Bundesamts für Energie (BFE) unterstützt. Damit fördert das BFE die Entwicklung und Erprobung von innovativen Technologien, Lösun- gen und Ansätzen, die einen wesentli- chen Beitrag zur Energieeffizienz oder zur Nutzung erneuerbarer Energien leisten. Gesuche um Finanzhilfe können jederzeit eingereicht werden. Im PaT-Francis-Projekt wird eine Abwasser- pumpe als Francis-Turbine genutzt. Dieser Turbinentyp eignet sich für Wasserkraft- werke mit wenig Leistung und geringer Fallhöhe. Bild: Hydro Engineering

Benedikt Vogel im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

Infos: www.bfe.admin.ch/pilotdemonstration

Der Schlussbericht zum «Pilotprojekt eines PaT-Francis-Gesamtpakets zur Nutzung klei- ner Wasserkraftpotenziale in Fischwander- hilfen und historischen Wehr- und Kanalan- lagen» ist abrufbar unter: https://www. aramis.admin.ch/Texte/?ProjectID=41555 Auskünfte zum Projekt erteilt Klaus Jorde, Leiter des BFE-Forschungsprogramms Was- serkraft. klaus.jorde@kjconsult.net. Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pi- lot-, Demonstrations- und Leuchtturmpro- jekte im Bereich Wasserkraft sind unter www.bfe.admin.ch/ec-wasser abrufbar.

Peter Eichenberger umfasst das Gehäuse, das Turbine und Leitapparat enthält. . Bild: Benedikt Vogel

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SCHWEIZER GEMEINDE 3 l 2021

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