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RISIKOMANAGEMENT VON PENSIONSKASSEN

gegebenen Strategie anzulegen. DieVor- gaben an die Vermögensanlage sind in der Regel statisch. Die Strategiegewichte und Bandbreiten ändern sich bis zur nächsten Studie nicht. Die Risikofähigkeit einer Pensionskasse ändert sich aber laufend und teilweise sehr stark innerhalb des Zyklus der ALM-Studie. Verschiebungen an den Aktienmärkten, Zinsanpassungen, Ver- änderungen im Versichertenbestand oder Anpassungen bei den Leistungen sind Beispiele, welche die Risikofähig- keit einer Pensionskasse laufend beein- flussen. Werden diese Veränderungen nicht stets von Anpassungen der An- lagenstruktur begleitet, kann eine erheb- liche Diskrepanz zwischen der aktuell zur Verfügung stehenden Risikofähigkeit und den eingegangenen Marktrisiken entstehen. Auf Variationen reagieren Die Grafik illustriert, wie sich die Risiko- fähigkeit, gemessen an einem ökonomi- schen Deckungsgrad, über zwei ALM-Zy- klen hinweg verändert hat. Die Kasse legte nach der Finanzkrise 2009 eine neue Anlagestrategie für vier Jahre fest. Schon kurze Zeit später reduzierte sich die Risikofähigkeit aufgrund von Markt- veränderungen und strukturellen Ent- wicklungen weiter. Die Anlagestrategie blieb indes unverändert und war ent- sprechend zu risikoreich. Dem Vermö- gensverwalter ist daraus keinVorwurf zu machen, da er auftragsgemäss nach den Vorgaben gehandelt hat. Eine Anpas- sung der Vermögensanlagen an die re- duzierte Risikofähigkeit hätte den Rück- gang des Deckungsgrades dämpfen können. In der zweiten Periode hat sich die Risikofähigkeit aufgrund der positi- ven Marktentwicklung und der struktu- rellen Stabilität der Pensionskasse ab 2013 laufend verbessert. Rückblickend hätte die Pensionskasse die höhere Risi- kofähigkeit nutzen können, um so von zusätzlichen Renditechancen zu profitie- ren. Wiederum konnte der Vermögens- verwalter nicht optimal handeln, da er anders mandatiert war und zudem nicht über die entsprechenden Informationen verfügte. Wie kann die Pensionskasse einer Ge- meinde ohne interne Anlageorganisa- tion sicherstellen, dass die Struktur der Vermögensanlagen jederzeit der aktuel- len Risikofähigkeit entspricht? Ein Lösungsansatz besteht darin, die ak- tuelle Risikofähigkeit in das Mandat der Vermögensverwaltung zu integrieren. Der Vermögensverwalter kann die mit Lösungsansätze für kleinere und mittlere Pensionskassen

der Anlagestrategie vorgegebenen, tak- tischen Bandbreiten nutzen, um auf die Änderungen der Risikofähigkeit zu re- agieren. Die Anlagestrategie muss nicht geändert werden. Der Vorteil dieses Vor- gehens: Die Risikofähigkeit fliesst direkt und nahtlos dort ein, wo die Portfolio- steuerung stattfindet. Dazu ist ein Ver- mögensverwalter zu wählen, der nicht nur Kompetenzen im Bereich der Kapi- talanlagen, sondern auch ein tiefes Ver- ständnis für die Faktoren hat, welche die Risikofähigkeit beeinflussen. Frauenfeld mit Anlageausschuss Auch eine Pensionskasse mit kleiner Organisation kann die nötige Fachkom- petenz aufbauen, um dieVermögensan- lagen entlang der aktuellen Risikofähig- keit auszurichten. Als Beispiel hat die Pensionskasse der Stadt Frauenfeld den Weg gewählt, die Anlagen direkt über den Anlageausschuss zu steuern. Das Gremium wurde so zusammengesetzt, dass sowohl das Fachwissen zur Risiko- fähigkeit als auch zu den Marktrisiken einfliesst.Vertreter des Stiftungsrats und der Geschäftsführer bringen die Kom- petenz zur aktuellen finanziellen und strukturellen Risikofähigkeit in den An- lageausschuss. Vertreter eines Vermö- gensverwalters bringen die Kompetenz zu den Marktentwicklungen ein und er- arbeitenVorschläge, wie dieAnlagen auf Basis der aktuellen Risikofähigkeit aus- gerichtet werden sollen. Diese Organisa-

tion erlaubte es der Kasse, Änderungen in der Risikofähigkeit stets bei der Aus- richtung der Vermögensanlagen zu be- rücksichtigen und eine im Vergleich zur Performance von vergleichbaren Pensi- onskassen höhere Anlagerendite zu er- zielen. ALM-Studie «light» Als weitere Möglichkeit bietet sich an, in kürzeren Zeitabständen «Light»- Versio- nen der ALM-Studie durchzuführen und auf dieser Basis die Anlagestrategie an- zupassen. Der Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, dass die Vermögensan- lage einfach umgesetzt werden kann. Der Vermögensverwalter erhält regel- mässig eine neue Anlagestrategie. Pro- blematisch ist aber die ständige An- passung der eigentlich längerfristig vorgesehenen Anlagestrategie. Auch wird die unterjährige Ausrichtung der Anlagen auf die sich laufend ändernde Risikofähigkeit trotzdem nicht sicherge- stellt. Das Auseinanderdriften von Risikofähig- keit und der in derVermögensallokation inhärenten Marktrisiken ist eine Heraus- forderung für jede Pensionskasse. Wel- ches Vorgehen sich für die einzelne Kasse eignet, hängt von ihrer Grösse, Organisationsstruktur und Fachkompe- tenz ab.

Thomas Kraus und Florian Giger Kraus Partner Investment Solutions AG

Die Grafik illustriert, wie sich die Risikofähigkeit, gemessen an einem ökonomischen De- ckungsgrad, über zwei ALM-Zyklen hinweg verändert hat. Die Kasse hatte nach der Finanz- krise 2009 eine neue Anlagestrategie für vier Jahre festgelegt. Grafik: KP

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SCHWEIZER GEMEINDE 3 l 2018

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