2_2021

FINANZEN

Günstige Schulden kommen in Zeiten von Corona gelegen Die Schweizer Gemeinden haben sich in den letzten Jahren dank den sinkenden und historisch tiefen Zinsen finanziell entlasten können. Gemäss einer Studie der Hochschule Luzern sind sie im heutigen Zinsumfeld gut aufgestellt.

Die Hochschule Luzern hat Ende 2019 zum sechsten Mal eine Studie über die Finanzierung von mittelgrossen Schwei- zer Gemeinden durchgeführt. Erfasst wurde ein Kreditvolumen von 6,2 Mrd. Franken aus 238 Gemeinden mit 4000 bis 30000 Einwohnerinnen und Einwoh- nern, die etwa einen Viertel der Schwei- zer Bevölkerung ausmachen. Dank der hohen Repräsentativität lässt sich die aktuelle mit den früheren Studien ver- gleichen, obwohl die Zusammenset- zung der teilnehmenden Gemeinden nicht immer identisch ist. Zinsbelastung deutlich gesunken In der Studie von Ende 2019 lag die durchschnittliche Verzinsung der Ge- meindeschulden bei 0,74% (vgl. Abb. 1). Das ist rund ein Viertel der Zinsbelas- tung in der Studie von Ende 2007, die bei 3,07% lag. Beim aktuellen Kreditvo- lumen von rund 6 Mrd. Franken zahlten die untersuchten Gemeinden 2019 rund 45 Mio. Franken Zins, mit dem Zinsni- veau 12 Jahre zuvor wären es etwa 180 Mio. Franken gewesen. Die Gemeinden haben somit vom sinkenden und inzwi- schen historisch tiefen Zinsniveau stark profitieren können.

2019 deutlich tiefer lag als in den Stu- dien von 2016 und 2013. Vor allem die Grossbanken und Auslandbanken ha- ben sich – wohl angesichts der tiefen Margen – weitgehend aus der Gemein- definanzierung zurückgezogen. Da Gemeindefinanzierungen auch für institutionelle Investoren als sichere Kapitalanlagen attraktiv sind, ist das Spektrum der Finanzierungspartner bei den Nichtbanken breiter geworden. Zwar haben sich die Privatversicherer weitgehend aus dem Markt zurückge- zogen, jedoch hat eine steigende Zahl von Pensionskassen und weiteren ins- titutionellen Anlegern Geld in Gemein- dedarlehen angelegt (vgl. Abb. 2). Recht grosse Bedeutung haben auch die Suva sowie die compenswiss. Zur breiteren Auswahl an Finanzierungspartnern tra- gen die Geldmarktbroker (Finarbit) und Vermittlungsplattformen (Loanboox, cosmofunding) bei, indem sie die Ge- meinden und potenzielle Geldgeber zusammenführen. Bedeutung haben dabei auch die Ratings der fedafin, die vielen Geldgebern als Grundlage die- nen. Stabile Finanzierungsstruktur Die Finanzierungsstruktur der Gemein- den bleibt stabil. In den letzten 12 Jah- ren haben die Gemeinden jeweils rund 90% ihrer Schulden als festverzinsliche Darlehen aufgenommen und die Lauf- zeiten dieser Darlehen auf der Zeitachse gestaffelt. Entsprechend wird immer etwa ein Drittel des Finanzierungsvolu- mens in den nächsten zwei Jahren fäl- lig, und die Gemeinden bleiben auf der Finanzierungsseite flexibel (Rückzah- lung von Schulden, Aufnahme kurzfris- tiger Darlehen zu Negativzinsen usw.). Mehr langfristige Finanzierungen Im Zuge der rekordtiefen Zinsen (und der relativ flachen Zinskurve) ist der Anteil der Festzinsdarlehen mit mehr als zehn Jahren Laufzeit in den Studien auf 22% des Finanzierungsvolumens gestiegen (vgl. Abb. 3). Dank den lang- fristigen Kapital- und Zinsbindungen und der Staffelung auf der Zeitachse

Gute Bonität und tiefe Zinsmargen Die günstigen Margen, welche die Geld- geber für Gemeinden einkalkulieren, zeugen davon, dass diese Geldgeber die Bonität der Gemeinden als sehr gut einschätzen. Bei den Festzinsdarlehen mit über einem Jahr Laufzeit errechne- ten sich Ende 2019 im Durchschnitt Margen von 40 Basispunkten (0,40%) über den Swapsätzen. Die Gemeinden kommen somit sehr günstig zu Geld. Die Margen liegen zwar leicht höher als in früheren Studien, aber es gilt zu be- rücksichtigen, dass heute die Swap- sätze für viele Laufzeiten im Negativ- zinsbereich liegen. Immer weniger Bankfinanzierungen Die Struktur der Finanzierungspartner hat sich in den letzten zwölf Jahren stark gewandelt. Der Anteil der Bank- finanzierungen stieg nach der Finanz- krise auf rund 65%, lag dann aber in der Studie von 2019 nur noch bei 51%. Die PostFinance hat bei den Gemeinde­ finanzierungen an Bedeutung gewon- nen; sie finanziert heute 26% des gesamten Finanzierungsvolumens. Weitere 16% entfallen auf die Kanto- nalbanken, deren Marktanteil Ende

Durchschnittsverzinsung der Gemeindefinanzierungen

0 , 0% 0 , 5% 1 , 0% 1 , 5% 2 , 0% 2 , 5% 3 , 0% 3 , 5%

3 , 04%

2 , 64%

1 , 95%

1 , 15%

0 , 74%

2007

2010 2019 Studien der HSLU zur Finanzierung von mittelgrossen Gemeinden (jeweils 200 – 240 unterschiedliche Gemeinden, 4 – 6 Mrd. CHF) 2013 2016

Abb. 1: Die Durchschnittsverzinsung der Gemeindeschulden ist in den letzten Jahren stark gesunken und hat die Gemeinden finanziell entlastet. Grafik: HSLU

Durchschnittsmargen Gemeindefinanzierungen (in BP)

62

SCHWEIZER GEMEINDE 1/2 l 2021

40 45

40

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